VIN – Ich war die Nummer 17

Update: 2023 hat sich für die Nummer 17 sehr viel verändert. Er hat einen Namen bekommen und bereits im Frühjahr 2023 ist er wahrscheinlich aus seiner Zelle entkommen. Plötzlich haben wir ihn in einem provisorischen Außengehege entdeckt. Dort lebte er einige Wochen mit ein paar anderen Hunden zusammen. Zu der Zeit konnte man ihn schon wieder streicheln. Allerdings vorsichtig. Dann muss Vin sich wahrscheinlich unter den Zaun durchgegraben haben. Er war frei. Keiner wollte ihn wieder einfangen. Vin blieb ortstreu, allerdings vermied er Kämpfe mit anderen Straßentieren, die in der Nähe des städtischen Hundeareals leben. Er zog sich in den hinteren Bereich des Geländes zurück. Als ich selbst im Dezember 2023 zu Kastrationstagen in Veria war, kam Vin immer wieder zu mir, um sich Leckerlies abzuholen. Was allerdings nicht möglich ist – man kann ihn kein Halsband umlegen. Es ist ein Trauma, dass er durch menschliche Behandlung erlitten hatte. Da es niemanden gibt, der die Zeit und die Qualifikation hat sich mit den Hunden vor Ort zu beschäftigen, gibt es derzeit auch keine Möglichkeit mit Vin zu trainieren. Aber wir haben ein Auge auf Vin. Er ist ein ganz spezieller, toller Hund. Da wir der Meinung sind, dass er sein selbstbestimmtes Leben derzeit genießt, auch wenn es hart ist, sind wir von einer Vermittlung abgerückt. Wir werden weiter berichten.

Mai 2021

Wir sind zu einer Kastrationsaktion in Veria. In den ersten Tagen bekommen wir – wie so oft – einen Hund aus dem städtischen Hundehaus der als aggressiv und bissig tituliert wird, zur Kastration. Bei manchen Rüden und Katern steigen die Hoden nicht ab. Das nennt man Kryptorchismus. Die Operationen dauern meist länger als eine normale Kastration und so war es auch bei Nummer 17. Zur besseren Gesundung durfte er, als Notfalltier, in meinem Nachsorgeraum bis zum Ende des Kastrationsprojektes bleiben. Das bedeutet, dass der Käfig sauber gehalten werden muss, die Fütterung im Käfig erfolgt und dass auch Tabletten gegeben werden müssen. Hätte ich Angst vor einem Tier, wäre ich als Helfer fehl am Platz. Kein einziges Mal hat Nummer 17 nach mir geschnappt. Ein bisschen fasste er sogar Vertrauen zu mir. Am letzten Tag sollte Nummer 17 wieder in eine Zelle in das Hundehaus umziehen.

Ein Arbeiter nahm eine Schlinge und zog ihn aus seinem Behandlungskäfig. Dort spuckte er sehr viel Blut. Das Husten hörte nicht auf. Ich fühlte mich entsetzlich. Das erste Video entstand in seiner Zelle Nummer 64 und es zerriss mir fast das Herz, hatte ich ihn doch enttäuscht.

Er geht mir nicht mehr aus dem Kopf und ich weiß nicht, was ich für ihn tun kann.

Die Nummer 17 hat bisher keinen Namen bekommen, für ihn gibt es kein Leben in einem Rudel, niemals Auslauf, keine Streicheleinheiten durch Menschen, keine Ansprache, keine Decke und keine Leckerlies. Einmal am Tag werden die hässlichen kleinen, veralgten Zellen aus Beton mit dem Hochdruckstrahl mit kaltem Wasser ausgespritzt, meist ohne das die Zellen betreten werden. Und genauso gibt es einmal am Tag einen Schöpfer mit billigem Trockenfutter. Das wars.

In das städtische Hundehaus kommen meist Tiere, die von Bürgern als bissig, aggressiv, krank aussehend oder störend tituliert oder eingestuft werden. Mit diesem Stempel bleiben sie Dauerinsassen bis sie in ihren Zellen sterben. Lange leben die meisten nicht. Auch die Nummer 17 hat inzwischen Husten. Eventuell von der Quetschung des Kehlkopfes durch das bei ihm angewandte Einfangen mit der Schlinge. Nach nur 1 1/2 Jahren sieht er jetzt nicht mehr so gesund aus wie im Mai 2021.

Wie glücklich wäre ich, wenn sich eine Lösung für die Nummer 17 finden würde. Er ist erst ca. 3 Jahre alt. Sollten sich ein ernsthafter und hundeerfahrener Interessent oder Hundetrainer finden, würden wir den Flug und die Unterkunft für ein Kennenlernen mit Nummer 17 finanzieren. Inzwischen ist ein Tierarzt unseres Teams in die Zelle der Nummer 17 gegangen und er durfte ihn sogar streicheln. Unsere Meinung wird bestätigt, er ist nicht bissig oder aggressiv. Er wurde von Menschen „abgestempelt“ und dementsprechend schlecht behandelt. Er wäre, so meinen wir, der beste Freund seines Menschen.

Wer sich immer noch glücklich fühlt, wenn Tiere in einem Tierheim abgegeben werden können und aufgenommen werden, den bitten wir sich selbst mehrere Tierheime im Ausland über mehrere Stunden an mehreren Tagen anzusehen. Ich habe dort oft die grausamsten Situationen vorgefunden. Aber natürlich gibt es sicherlich ein paar gut geführte.